Trauerbegleitung

Zusammen lachen und weinen

„Trauerarbeit beginnt, wenn die Beerdigung vorbei und die Sache für Außenstehende abgeschlossen ist“, sagt Petra Pfisterer. Die 47-Jährige aus Aresing (Kreis Neuburg-Schrobenhausen) ist Mitglied des Neuburg-Schrobenhausener Hospizvereins und hat sich zur Hospiz- und Trauerbegleiterin ausbilden lassen.

Ihre Einsätze absolviert sie ehrenamtlich. „Wer das macht, der macht es aus Liebe“, sagt sie. Und aus einem tiefen Glauben heraus, der ihr selber geholfen hat, Schicksalsschläge besser wegzustecken, denn „der Glaube gibt mir Halt und Hoffnung“.
Das Thema Sterben hat Pfisterer schon als Jugendliche beschäftigt. Mit Anfang 20 erlebte sie mehrere Todesfälle in der Familie, mit 37 Jahren wurde die Mutter dreier Kinder plötzlich Witwe. Fünf Jahre später las sie den Aufruf eines Hospizvereins, der Ehrenamtliche suchte, die sich zum Hospizbegleiter ausbilden lassen wollten, und fühlte sich sofort angesprochen.

Dunkler Weg

Vor anderthalb Jahren ließ sie sich dann zusätzlich zur Trauerbegleiterin ausbilden. Ihre Motivation? „Ich bin dankbar dafür, dass es mir gutgeht“, sagt sie. Sie bilde sich nicht ein, die Welt verbessern zu können, „aber für den, den ich begleite, kann ich sie ein Stück besser, den dunklen Weg etwas heller machen“.
Wie für Maria Irchenhauser, ihre erste Trauerbegleitung, „mein Versuchskaninchen“. Der Ausdruck lässt die 40-Jährige herzhaft lachen und vom ersten Kontakt erzählen. „Ich war 38 und verwitwet – im ganzen Bekanntenkreis hatte ich niemanden, der Ähnliches erlebt hatte“, erklärt Irchenhauser, warum sie sich an den Hospizverein gewendet hatte. Obwohl sie den vollen Rückhalt ihrer Familie hat, besonders ihrer Schwester Rita Brunner, die sie für unbestimmte Zeit bei sich aufgenommen hat, bis sie für einen Neuanfang bereit ist.
Denn zum Tod ihres Mannes kam für Irchenhauser noch der Umzug zurück aus England, wo sie mit ihrem Mann, einem Amerikaner, am Internationalen Campus der Kanadischen Universität gearbeitet hatte. 13 Jahre hatte die promovierte Germanistin im Ausland gelebt. Fünf Jahre war sie mit Drew Bednasek verheiratet gewesen, ein Jahr nach der Hochzeit traten gesundheitliche Probleme bei ihm auf, 2015 erhielt er die Diagnose Krebs. „Wir haben mit der Hoffnung gelebt – bis zum Schluss“, erzählt sie, „das war unser Weg“.
Das Paar versuchte, „den Tod ins Leben zu integrieren, dabei aber das Leben nicht zu vergessen“. Ein starker Glaube habe sie und ihren Mann durch dessen letztes Lebensjahr getragen, auch wenn sie sich oft nach dem Sinn des Lebens gefragt habe.

Leben nach dem Tod

Nach dem Tod ihres Mannes helfe ihr nun der feste Glaube an ein Leben nach dem Tod. „Bis wir uns wiedersehen, möchte ich das Beste aus meiner mir verbleibenden Zeit machen“, ergänzt sie, „weil das Leben so wertvoll ist und auch, damit ich ihm bei unserem Wiedersehen was zu erzählen habe.“
Als Irchenhauser sich beim Hospizverein nach dem „Lebenscafé“ erkundigte, riet ihr Anita Arndt ab, dorthin zu gehen, weil sie aufgrund der Altersstruktur nicht hineinpasse. „Dort werden Sie eher keinen Gesprächsstoff finden, dort treffen sich vor allem ältere Witwen“, sagte die Koordinatorin des Hospizvereins.„Aber ich wüsste da jemanden für Sie.“
Anita Arndt vermittelte den Kontakt zu Petra Pfisterer. Die beiden telefonierten miteinander und Irchenhauser wusste: „Da ist ein Mensch, der dasselbe erlebt hat wie ich.“ Schon das erste Telefonat habe ihr sehr viel gegeben. Zum ersten Mal trafen sich die beiden Frauen dann in einem Café, saßen an einem Vierertisch, und es fühlte sich an, als säßen ihre beiden Männer mit am Tisch. „Ich habe nicht gewusst, wie das abläuft“, erinnert sich Irchenhauser an eine gewisse Unsicherheit, „und dann kam Petra und lächelte mich an – da stand sie, eine Powerfrau mitten im Leben, die mir erzählte, wie sie ihren Weg mit den Kindern weitergegangen ist, nachdem der Mann gestorben war.“
Dass Pfisterer den Beruf von der Kauffrau zur Betreuungskraft – seit 2013 arbeitet sie hauptberuflich als Betreuungsassistentin in einem Pflegeheim – gewechselt hat, hat sie ebenfalls beeindruckt.
Seitdem treffen sich die beiden regelmäßig, gehen miteinander spazieren, genießen es, die Natur zu erleben, tauschen sich aus bei einer Tasse Kaffee, lachen und weinen zusammen.

Andrea Hammerl

16.11.2017 - Bistum Augsburg